Staatspreis Baukultur 2024
© Martin Stollberg

Weingarten West in Freiburg

Aus der Jury: „Das Projekt steht Pate für einen Next-Level […] Umgang mit Großwohnsiedlungen und den vielerorts anstehenden Bauaufgaben im Kontext des Erbes der Moderne."

Preisträger in der Sparte Städtebau und Stadtentwicklung

Die Großwohnsiedlung "Weingarten-West" entstand in den 1960er Jahren gemäß den damaligen städtebaulichen Leitbildern. Seit mehreren Jahren wird sie unter Federführung der Stadt und in enger Kooperation mit verschiedenen Akteuren systematisch um- und weitergebaut. Es geht um die Verbesserung der sozialen Infrastruktur und des öffentlichen Raumes sowie um die Zukunftsfähigkeit des Wohnungsbestandes.

Klimaanpassung und Ressourcen, schonender Um- und Weiterbau sind wichtige Prinzipien dieser langfristigen Strategie, was die exemplarisch dargestellten Hochbaumaßnahmen zeigen:

So wurde im Projekt "Buggi", auf der Fläche eines ehemaligen Supermarktes, ein achtgeschossiger Holz-Tafel-Bau aus vorgefertigten Elementen errichtet: mit einem neuen Nahversorger, einer Kindertagesstätte sowie Wohnungen. Die evangelische Hochschule baute auf einem Parkplatz ein achtgeschossiges Gebäude mit flexiblem Grundriss, das während der Sanierung des Hauptgebäudes als Verwaltungs- und Seminargebäude diente und seither ein Studierendenwohnheim ist. Im Areal "Binzengrün 36-50" wurde über einer versenkten Parketage eine Wohnanlage mit begrüntem Innenhof und Eigentums- und geförderten Wohnungen erstellt. Die AWO sanierte und erweiterte ihren Gebäudebestand, indem ein neuer Baukörper für die Seniorenwohnanlage errichtet und der übrige Bestand komplett saniert und die Attikageschosse zu Vollgeschossen umgebaut wurden.

Parallel dazu wurden auch die öffentlichen Räume, Grün- und Freiflächen umgestaltet und aufgewertet.


Jury-Bewertung:

Das Projekt beschäftigt sich mit einer äußerst relevanten Fragestellung, der Zukunftsfähigkeit von Großwohnsiedlungen der 1960er Jahre. Die Herausforderungen sind vielfältig und adressieren den Imagewandel der Großwohnsiedlungen, den Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz und nicht zuletzt die Neuprogrammierung von Nutzungen, die den neuen Bedarfen und dem Anspruch an Nutzungsmischung gerecht werden kann. 

Mit der Bewerbung des Stadtplanungsamtes der Stadt Freiburg mit dem Projekt Weingarten-West um den Staatspreis wird exemplarisch an fünf Hochbaumaßnahmen die komplexe und nachhaltige Umbau-Philosophie eines ganzen Stadtteils aufgezeigt. 

Der punktuelle Eingriff in den Bestand zeugt von einer Angemessenheit in Verbindung mit einer größtmöglichen Impulswirkung für den Kontext. Neue Nutzungsangebote in Verbindung mit einer Aufwertung des Freiraumes beleben die Großwohnsiedlung. Die baulichen Ergänzungen werden dort vorgenommen, wo untergenutzte und bereits versiegelte Flächen bestehen und der Baumbestand erhalten bleiben kann. 

Dem Projekt ist es gelungen, die Fragen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung überzeugend mit den Anforderungen an ein ressourcenschonendes Um- und Weiterbauen zu verbinden. Im Rahmen von Qualifizierungsverfahren sind die überzeugendsten Ideen – auch im Hinblick auf baukulturelle Qualitäten und Identitäten – ausgesucht und sukzessive mit höchsten Ansprüchen an Nachhaltigkeit umgesetzt worden. 

Das Projekt steht Pate für einen Next-Level im Umgang mit Großwohnsiedlungen und den vielerorts anstehenden Bauaufgaben im Kontext des Erbes der Moderne.