Staatspreis Baukultur 2024
© Martin Stollberg

Collegium Academicum in Heidelberg

Aus der Jury: „Das Projekt basiert auf einem außergewöhnlich hohen Maß an Eigeninitiative und Engagement der Bewohnerinnen und Bewohner und ermöglichte ihnen, neue Dinge zu lernen und Selbstwirksamkeit zu erfahren.“

Preisträger in der Sparte Prozess und Initiative

In Heidelberg entstand ein Neubau für ein selbstverwaltetes Wohnprojekt für junge Menschen in Berufsausbildung, Studium oder Promotion für insg. 176 Personen. Nunmehr wird auch ein benachbarter Altbau saniert.

Die studentische Initiatorengruppe bildete sich 2012 und wurde seit 2015 als IBA-Projekt beraterisch unterstützt. Nach der Gründung der "Collegium Academicum GmbH" 2016 und der Aufnahme in das Mietshäuser Syndikat 2018 erfolgten 2017/2018 Förderzusagen durch "Variowohnen" und „Holzinnovativ“ von insg. über 2,7 Mio. €. Nur so konnte das Projekt gestemmt werden. Die späteren Bewohnerinnen und Bewohner waren bei der Konzepterstellung beteiligt und sind für die Organisation, Verwaltung und Instandhaltung verantwortlich, die Mitarbeit erfolgt auf freiwilliger Basis. Es gibt eine eigene Werkstatt z. B. für Möbelbau und Sommercamps mit einer Mischung aus Bildung und Praxis, welche auch für Externe offen sind. Aula und Vorplatz eignen sich für Veranstaltungen für bis zu 660 Personen.

Der von 2018 bis Februar 2023 erstellte Neubau orientiert sich in Planung, Bau, Betrieb und Demontage an den Nachhaltigkeitsstrategien Effizienz, Konsistenz und Suffizienz. Die Grundrisse sind modular aufgebaut und verschiebbare Wandelemente dienen zur Anpassung der individuellen Wohnflächen zugunsten von mehr Gemeinschaftsflächen. Das Gebäude wurde in Holz-Bauweise mit Holz-Holz-Steckverbindungen unter der Verwendung von Recycling-Beton für die Bodenplatte errichtet. Als Passivhaus mit Fernwärme und PV-Anlage ist es stromautark.


Jury-Bewertung

Das Collegium Academicum in Heidelberg steht als selbstinitiiertes, selbstentwickeltes und selbstverwaltetes Wohnprojekt von und für junge Menschen in Berufsausbildung, Studium oder Promotion für einen beispielhaften Ansatz, die Bewohnenden bei der Entwicklung, Planung, Realisierung und dem Betrieb von Wohngebäuden intensiv mit einzubinden. 

Dabei orientiert sich der vierstöckige Holzneubau konsequent an den Nachhaltigkeitsstrategien der Effizienz, Konsistenz und Suffizienz und ermöglicht durch seine verschiebbaren Wandelemente flexible Umbauoptionen und Anpassung der individuellen Wohnflächen zugunsten von mehr Gemeinschaftsflächen. Auch der angrenzende Altbau wird durch die Nutzung vorhandener Bausubstanz in Verbindung mit energetischer Sanierung sehr umweltschonend und ökologisch-nachhaltig entwickelt. 

Das Projekt basiert auf einem außergewöhnlich hohen Maß an Eigeninitiative und Engagement der Bewohnerinnen und Bewohner und ermöglichte ihnen, neue Dinge zu lernen und Selbstwirksamkeit zu erfahren. Dabei übernimmt die ehrenamtliche Projektgruppe nicht nur eigenverantwortliche Aufgaben in der Mietverwaltung und Instandhaltung, sondern führte auch einen großen Teil der Baumaßnahmen in Eigenregie durch. 

Co-kreative Bottom-Up-Planung und Selbstbau tragen dazu bei, dass das Collegium Academicum hohe gestalterische und soziale Qualitäten im Wohnungsbau entfaltet, die von klassischen Trägerinnen oder Investoren nicht in der gleichen Weise hätten realisiert werden können.