Staatspreis Baukultur 2024
© Martin Stollberg

Beznerturm in Ravensburg

Aus der Jury:  „Die sorgfältige Abwägung von Erhalt und Erneuerung, von funktionaler Anpassung und ästhetischer Aufwertung, zeugt von einem tiefen Verständnis für die Bedeutung des Gebäudes und seines städtischen Umfelds.“

Preisträger in der Sparte Wohnungsbau

In Ravensburg wurde von einer Baugemeinschaft das Verwaltungsgebäude einer Maschinenbaufabrik aus den 1950er Jahren umgebaut und aufgestockt. Der Neubau ist Teil der Gesamtentwicklung des 1,1 ha großen Bezner-Areals, für das ein städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt wurde. Seither werden die verschiedenen Einzelmaßnahmen realisiert, wie beispielsweise Wohnbauten, Umbau und Umnutzung der Fabrikhalle von 1901 sowie therapeutische Werkstätten. Vor dem Umbau hatte der ursprünglich fünfgeschossige Baueine verputzte, regelmäßige Lochfassade mit rechteckigen Fenstern und ein flach geneigtes Zeltdach. Ein einseitig leicht verdrehtes Dachgeschoss in Holzbauweise wurde als sechstes Geschoss aufgesetzt und die Westfassade wurde um etwa drei Meter vorverlegt, um zusätzlichen Raum zu schaffen. Das gesamte Gebäude ist nun mit beigefarbigem Klinker verkleidet und prägt durch seine Höhe und Farbe den Eingang des neugeschaffenen Stadtquartiers.

Die Fensteröffnungen wurden in Höhe und Breite vergrößert; die Stürze wurden – in Anlehnung an die benachbarte Fabrikhalle – teilweise mit Rund- bzw. Segmentbögen versehen. Der Anschluss des Beznerturms an den Baubestand geschieht über eine halbrunde konkave Fuge, in die später ein Baum gepflanzt wurde. Im Innern blieb die halbovale Treppe mit Terrazzostufen weitgehend unverändert, oberhalb des Bestandes wurde sie in Beton und mit neuem Terrazzo ergänzt. Die zehn neuen Wohneinheiten sowie die Gewerbeeinheit sind individuell aufgeteilt und unterschiedlich gestaltet.


Jury-Bewertung 

Mit dem Umbau und der Erweiterung des ehemaligen, in den 1950er Jahren erbauten, Verwaltungsgebäudes der Bezner Maschinenfabrik hat das Bezner-Areal eine bemerkenswerte Transformation durchlebt und eine neue Identität erhalten. Das vormals fünfgeschossige Gebäude plus Souterrain präsentierte sich vor dem Umbau mit einer verputzten, regelmäßigen Lochfassade und einem Zeltdach. Eine eingeschossige Aufstockung hat das Gebäude räumlich und funktionell erweitert, im Beznerturm sind nun zehn Wohn- und eine Gewerbeeinheit untergebracht. Das einseitig verdrehte Dachgeschoss markiert die erfolgte Aufstockung in Holzbauweise in der Silhouette. Die neu gestaltete Westfassade bildet einen lebendigen Raum mit Loggien, Terrassen und Zimmern. Im Bestandsbau vorhandene Kappendecken wurden von den abgehängten Verkleidungen befreit und sichtbar gemacht. Die gestalterische Entscheidung, die Öffnungen des Gebäudes zu vergrößern und mit Rund- bzw. Segmentbögen zu versehen, schafft eine ungewöhnliche Verbindung zwischen Alt und Neu. Der anspruchsvolle Anschluss an den Bestand gelingt über die halbrunde Baumfuge. Die Umgestaltung des Verwaltungsgebäudes stellt ein herausragendes Beispiel für ein Weiterbauen im historischen Kontext dar. Die sorgfältige Abwägung von Erhalt und Erneuerung, von funktionaler Anpassung und ästhetischer Aufwertung, zeugt von einem tiefen Verständnis für die Bedeutung des Gebäudes und seines städtischen Umfelds.