Staatspreis Baukultur 2024
© Martin Stollberg

Wieselhof in Kirchzarten-Neuhäuser

Aus der Jury: „Dieses Projekt zeigt auf, wie durch die Reaktivierung alter Gebäude nicht nur Wohnraum in besonderer Lage geschaffen, sondern auch ein Beitrag zur Bewältigung aktueller Herausforderungen geleistet werden kann.“

Anerkennung in der Sparte Wohnungsbau

Am Rand von Kirchzarten sanierten private Eigentümer einen denkmalgeschützten Eindachhof, der 1785 im "Dreisamtäler Haustypus" erbaut wurde. Die historische Wohnung wurde modernisiert und drei neue Wohnungen entstanden im ehemaligen Stall- und Scheunenteil. Das Gebäude wird über einen vorgesetzten, modernen Holz-Fahrradschuppen mit zwei Treppen, Terrasse, Freisitzen und seitlicher Rampe erschlossen. Die Wohnungen in Stall, Scheune und Dachboden sind über eine gemeinsame Eingangstür und eine innere Treppe erreichbar.

Im Zuge der Baumaßnahmen wurden nachträglich angebrachte Verkleidungen zurückgebaut; die historische Fassade wurde erhalten und instandgesetzt. Auch im Innern blieben das alte Tragwerk und die Verbretterungen erhalten. Dort wo notwendig, wurden Schäden mittels traditioneller Holzverbindungen in gleicher Holzart repariert oder verstärkt. Fast alle Einbauten konnten mit eigenem Holz realisiert werden.

Das Gebäude erhielt neue Lärchenholzfenster in angemessener Dimension; die historischen kleineren Fensteröffnungen im Giebel konnten durch Holzlamellen vor den neuen großen Fensterflächen der Giebelwand optisch erhalten werden, die gleichzeitig Schatten spenden und einen hohen Lichteinfall ermöglichen. Beheizt wird der Eindachhof über eine Luftwärmepumpe und einen Holzvergaserofen für eigenes Restholz. Eine PV-Anlage mit Batteriespeicher wurde auf dem Dach der ehemaligen Doppelgarage installiert, die zu einer Gästewohnung und einem Veranstaltungsraum umgebaut wurde.


Jury-Bewertung

Der Wieselhof in Kirchzarten-Neuhäuser, ein bisher ungenutzter Schwarzwälder Eindachhof wurde durch eine umfassende Sanierung in ein Mehrgenerationenhaus mit vier Wohneinheiten umgewandelt. Bei der Sanierung wurden nachträglich hinzugefügte Verkleidungen entfernt, wobei ein historisches Fenster wiederentdeckt und als Vorlage für neue Fenster genutzt wurde. 

Großer Wert wurde auf den Erhalt des charakteristischen Erscheinungsbildes des Hofes gelegt. Die originalen Holzkonstruktionen wurden erhalten, bei Bedarf mit traditionellen Methoden repariert, lediglich die notwendigen Ergänzungen wurden mit neuem Material durchgeführt. Die Holzfußböden wurden aus Holz des eigenen Grundstücks gefertigt, was die Tradition der Schwarzwaldhäuser fortführt. 

Die mit großer Sorgfalt und Behutsamkeit durchgeführten Maßnahmen führten zu einer vorbildlichen Ästhetik der Überlagerungen und kleinen baulichen Eingriffe. Dieses Projekt zeigt auf, wie durch die Reaktivierung alter Gebäude nicht nur Wohnraum in besonderer Lage geschaffen, sondern auch ein Beitrag zur Bewältigung aktueller Herausforderungen geleistet werden kann. Durch die sinnvolle Nutzung bestehender Bausubstanz werden die gebaute Umgebung wertgeschätzt, Neubauten vermieden und bestehende Ressourcen genutzt. Der Wieselhof dient somit als Vorbild für die beispielhafte Bewahrung von kulturellem Erbe und dem darin verkörperten historischen Wissen, das so für zukünftige Generationen gesichert wird.