Staatspreis Baukultur 2024
© Martin Stollberg

Mineralbad Berg in Stuttgart

Aus der Jury: „Die Jury schätzt die Ausgewogenheit zwischen Erhalt, Erneuerung und Ergänzung, die auf einem tiefen Respekt gegenüber dem Bestand beruht.“

Anerkennung in der Sparte Bauen für die Gemeinschaft

In Stuttgart-Ost wurde das Mineralbad aus den 1950er Jahren unter Beibehaltung der ursprünglichen Ausstrahlung umgebaut.
Die Maßnahme umfasste die gestalterische und technische Sanierung des gesamten Baubestandes mit Hallen- und Freibadbereich, sowie die Gastronomie und Sauna.

Um einen offenen, einladenden und barrierefreien Eingangsbereich zu schaffen, wurde in die Grundrissstruktur eingegriffen. Es entstand ein attraktives, zweigeschossiges Foyer mit hinterleuchteter Glaskunst. Die Vorderfront bietet nun Durchblicke zum Freibadbereich und wertet das Café auf. Die Kolonnaden wurden geöffnet und der Quellraum neugestaltet.

Das ursprüngliche Bewegungsbad wurde abgerissen, der Ersatzneubau als Verlängerung des Ostflügels greift gestalterisch die ursprüngliche Gebäudestruktur auf. Die neue Holzlamellendecke der Badehalle verläuft sanft geschwungen von der Wand über die Decke bis hin zur Glasfassade.

Es kamen ruhige und dezente Materialien wie beispielsweise Holz, Feinsteinzeug, Mosaikfliesen, Sichtbeton und Stahl und eine vorwiegend gedeckte Farbigkeit zum Einsatz. Die bestehenden Baukörper wurden bis auf den Rohbau zurückgebaut und alle Oberflächen, Einbauten und Technik saniert sowie eine PV-Anlage auf dem Dach realisiert. Die Sanierung erbrachte deutliche Einsparung von Energie gegenüber dem früheren Bauzustand und ließ die Besucherzahlen ansteigen.


Jury-Bewertung

Für die Stuttgarter ist es ein Kultbad. Die älteste Badeanstalt der Stadt verweist auf über 160 Jahre Geschichte als Mineralbad und die baulichen Anlagen stammen aus den 1950er und 1970er Jahren. 

Die Erneuerung des Bades stellte in technischer und gestalterischer Hinsicht eine große Herausforderung dar. Es gab Eingriffe zur Verbesserung der räumlichen Organisation, um so einen neuen, transparenten Eingangsbereich zu schaffen. Die Sanierungsmaßnahmen im Mineralbad Berg umfassten sämtliche Oberflächen, Einbauten und technischen Anlagen. Insgesamt sind die baulichen Maßnahmen behutsam vorgenommen und gestalterisch delikat gelöst worden, so dass wertige und funktionale Raumangebote entstanden sind. Die Barrierefreiheit versteht sich von selbst. Gegenüber dem Ausgangszustand gibt es eine deutliche Energieeinsparung. 

Interessant ist auch, dass der Abriss des alten Bewegungsbades Flächen freimacht für den späteren Wohnungsbau. Ob der umfassende Umbau nahezu unsichtbar bleibt, wie die Autoren sagen, sei dahingestellt. In jedem Fall werden alle Nutzerinnen und Nutzer die alten und neuen Qualitäten genießen. Der Erhalt von Sonnenbalkonen mit Markisen und horizontalen Brüstungen hat einen wichtigen Beitrag geleistet, das alte Erscheinungsbild zu bewahren, genauso wie die bewahrten und aufbereiteten charakteristischen Sommerumkleiden und die Holzliegen im Außenraum. 

Die Jury schätzt die Ausgewogenheit zwischen Erhalt, Erneuerung und Ergänzung, die auf einem tiefen Respekt gegenüber dem Bestand beruht. Ohne seinen Charakter einzubüßen, hat sich das Kultbad erneuert.