Staatspreis Baukultur 2024
© Martin Stollberg

Marktplatz in Weil der Stadt

Aus der Jury: „Der Marktplatz kann heute wieder als lebendiger Ort wahrgenommen werden, der den Zusammenhalt und die Identifikation mit der Stadt deutlich stärkt.“

Anerkennung in der Sparte Öffentliche Räume, Grün- und Freiräume

Der beinahe rechteckige Marktplatz von Weil der Stadt, vor dem historischen Renaissance-Rathaus, wurde weitgehend vom Verkehr befreit, komplett saniert und modern gestaltet. Die verbliebene Fahrbahn der Pforzheimer Straße ist dabei unauffällig in die Neugestaltung integriert, der ruhende Verkehr wurde entfernt. Neue strukturierende Elemente sind eine Baumachse und eine Steinkante. Die beiden vorhandenen Brunnen und ein Denkmal für Johannes Kepler, das dafür minimal verschoben werden musste, wurden erhalten und ebenfalls geschickt eingebunden.

Acht neue Kastenlinden bilden die grüne Baumachse, die den Platz seitlich begrenzt und den Blick auf das Rathaus freihält. Sie korrespondiert mit der Steinkante mit kleinen Treppen und integrierten Bänken, die unauffällig einen Niveauunterschied überbrücken. Die harmonische Gesamtwirkung wird darüber hinaus durch einheitlich gestaltete Freitreppen am Rathaus und vor verschiedenen Ladenlokalen sowie mittels der aufwändigen und sorgfältigen Pflasterung unterstrichen.

Ein Lichtkonzept, mit modernen Lichtstelen an den Rändern des Platzes, stärkt die Raumbildung des Platzes in der Dämmerung und bei Nacht. Alle Materialien der Bänke, Bauelemente, Einbauten und Bodenbeläge wurden nach Fair Trade-Kriterien der Stadt ausgewählt. Es handelt sich dabei um Natursteinmaterial aus Europa, wie Granit aus Frankreich und Portugal oder Maintäler Sandstein sowie um Holz mit Cradle-to-Cradle Zertifizierung. Vorrichtungen zur Stromversorgung bei temporären Veranstaltungen, wie z. B. beim Weihnachtsmarkt, sind im Boden versenkbar.


Jury-Bewertung

Der Marktplatz in Weil der Stadt hat mit seiner Neugestaltung ein vollkommen neues Gesicht erhalten. Durch ein neues Parkierungskonzept in der Innenstadt und einen kommunalpolitischen Diskurs konnten die 30 Stellplätze zugunsten einer sehr klaren und unaufgeregten Gestaltung aufgegeben werden. Die Fahrbahn der Pforzheimer Straße wurde gestalterisch integriert. Gleichzeitig erzeugt der Belagswechsel eine klare Orientierung für zu Fuß Gehende sowie Rad- und Autofahrende. Auch wurden beide vorhandene Brunnen und das Kepler-Denkmal in das Gestaltungskonzept aufgenommen.

Sehr gelungen ist die Inszenierung des Rathauses aus der Renaissancezeit, das durch das erhöhte Podest mit dem Brunnen wie eine kleine Bühne erhaben über dem Platz steht. Der Belag aus europäischem Granitpflaster führt in die offene Halle, sodass sich Bürgerschaft und Besucher willkommen fühlen.

Der Umgang mit der Topografie wurde durch das Podest und einer prägnanten Sitzbankkante gut gelöst. Die neu gepflanzten Kastenlinden sind, mit der Freihaltung der Blickachse zum Rathaus, richtig gesetzt. Der zunächst sehr steinerne Platz ist dadurch vielseitig nutzbar und dient der Stadtgesellschaft als Wochenmarkt sowie als zentraler Platz für große Feste. Insgesamt lässt die Gestaltung und Ausführung eine große Sorgfalt bis ins Detail erkennen.

Der Marktplatz kann heute wieder als lebendiger Ort wahrgenommen werden, der den Zusammenhalt und die Identifikation mit der Stadt deutlich stärkt.