Bauen und Wohnen im Bestand Tübingen: Sanierung und Umbau Doblerstraße

Das Verwaltungsgebäude aus den 1960er Jahren, ehemals Oberschulamt und Hauptverwaltung der Kreissparkasse, wies deutliche funktionale und ästhetische Defizite auf. Eine Sanierung ermöglichte eine zukunftsfähige Mischnutzung, die in das umliegende Quartier und die benachbarte Altstadt ausstrahlt.

 

Zusammenfassung

Das am Rande der Tübinger Altstadt gelegene Verwaltungsgebäude aus den 1960er Jahren stach durch seine funktionalen und ästhetischen Defizite zunehmend negativ aus seinem intakten Quartiersumfeld heraus. Um diesen städtebaulichen Missstand zu beheben, wurde das Gebäude saniert und ein neues Mischnutzungskonzept entwickelt. Der ehemalige Bürobau beinhaltet nun neben fünf Wohneinheiten in den oberen Geschossen vor allem kleinere Dienstleistungseinheiten. Nicht zuletzt durch die Ansiedelung eines Gastronomiebetriebes vermag das Gebäude heute seiner Stellung im urbanen Kontext gerecht zu werden.

Ausgangslage

Das Bürogebäude in der Nähe des Lustnauer Tors beherbergte zunächst die Post, später das Oberschulamt und zuletzt die Hauptverwaltung der Kreissparkasse Tübingen. Im Jahr 2005 wurde mit den Vorplanungen der Sanierung begonnen. Im Inneren stellte die für einen Verwaltungsbau der 1960er typische, enge Raumaufteilung eine Herausforderung dar. Die Grundrisse waren mit heutigen Anforderungen an moderne und flexible Wohnnutzungen nicht vereinbar. Auch das äußere Erscheinungsbild stand in starkem Kontrast zu den umliegenden, bereits sanierten Gebäuden. Nicht zuletzt war die veraltete Bausubstanz, die hohe Energiekosten verursachte, ein ganz wesentliches Problem des Gebäudes.

Verschiedene Überlegungen und Machbarkeitsstudien wurden gemeinsam mit dem privaten Bauherren angestellt, bis man sich letztlich für ein Mischnutzungskonzept entschied. Die Planungen wurden dabei in die Ergebnisse eines Workshops der Stadt Tübingen aus dem Jahr 2004 eingebettet, der die umliegenden Liegenschaften etwa hinsichtlich ihrer Nutzungen, Parkierungsmöglichkeiten und Beziehung zur Altstadt untersuchte. Die Vorgaben des Workshops waren auch Leitfaden für die Entwurfsprinzipien der Doblerstraße 1.

Der zu erwartenden heterogenen Nachfrage sollte mit differenzierten Wohnungs- und Bürogrößen sowie vielfältigen Nutzungen begegnet werden. Im Fokus standen die Ansiedlung unterschiedlicher Dienstleister mit Bedarf an innerstädtische Anbindung sowie die Schaffung attraktiven Wohnraums für Familien mit einem Bedarf von 120-160 Quadratmetern Wohnfläche. Eine energieeffiziente und architektonisch anspruchsvolle Lösung sollte hierbei aus der alten Bausubstanz heraus entwickelt werden. Die einzelnen Nutzungen des Gebäudes sollten auf Wunsch des Bauherrn an der Fassade ablesbar sein und ihm eine neue Identität geben. Das Gebäude an der Schnittstelle zwischen Altstadt und dem angrenzenden Wohngebiet Österberg sollte auf diese Weise seiner Lage gerecht werden und zur Belebung des Quartiers beitragen, ohne die Altstadt zu schwächen.

Massnahmen

Das vor der Umbaumaßnahme massive Erscheinungsbild wurde durch eine kleinteiligere Fassadengliederung gestalterisch aufgelockert. Der niedrigere Querriegel des Gebäudes wurde mit anthrazitfarbenen Fassadenplatten verkleidet, während der im rechten Winkel anliegende Gebäudequader mit einer möglichst glatten, weißen Putzoberfläche gestaltet wurde. Durch die Auflösung des stringenten Rasters in horizontal geschichtete Lichtbändern wird dieser Eindruck unterstützt. Die abwechslungsreiche Fassade und das Anbringen von Holzoberflächen geben dem Gebäude eine neue Identität und verweisen in der Formensprache der horizontalen Schichtung auf die Übereinanderlagerung unterschiedlicher Nutzungen.

Erschlossen wird das Gebäude über zwei an der Doblerstraße gelegene Freitreppen, die den Zugang zu einer Terrasse bilden. Die bepflanzte Terrasse wird durch einen gastronomischen Betrieb genutzt und lädt auch Bewohner wie Kunden des Gebäudes zum Verweilen ein. Hierdurch wird das Gebäude mit dem Stadtraum verzahnt. Alle Wohn- und Geschäftseinheiten wurden in kurzer Zeit vergeben, sodass das Gebäude und mit ihm die Nachbarschaft schnell eine spürbare Belebung erfahren konnte.

Anders als bei der üblichen Verfahrensweise bei Gebäuden dieser Art, die in aller Regel Abriss und Errichtung eines Neubaus heißt, konnten durch die Konversion des vorhandenen Gebäudebestandes in ein modernes Gebäude mit wesentlich geringerem Energieverbrauch Ressourcen geschont und Betriebskosten niedrig gehalten werden. Die energetische Optimierung des Altbaus erfolgte durch die Dämmung von Dach und Fassade sowie eine fast vollständige Erneuerung der Fenster mit Wärmeschutzverglasung. Das zentrale Heizsystem wurde durch den Austausch der alten Heizkörper durch energieeffizientere Modelle verbessert.

Weitere Verbesserungen wurden durch die umfassende Erneuerung der gebäudetechnischen Anlagen erreicht. Großzügige Glasflächen im Süden des Gebäudes und eine geschlossenere Fassade im Norden sorgen für eine optimierte, passive Solarenergienutzung und bilden ein Gegengewicht zu den Wärmeverlusten der verschatteten Fassadenflächen. Bei zu intensiver Sonneneinstrahlung werden die Glasflächen automatisch mittels Jalousien verschattet, um den Einsatz von Klimaanlagen zu vermeiden. Durch diese Maßnahmen wurde der Energieverbrauch des Gebäudes um etwa 45 % reduziert.