Bauen und Wohnen im Bestand Karlsruhe: Erhalt und Sanierung der Lohfeldsiedlung
Starkes bürgerschaftliches Engagement konnte die stadthistorisch bedeutsame Lohfeldsiedlung vor dem Abbruch bewahren. Dabei leistete die vom „Verein zum Erhalt der Lohfeldsiedlung e. V.“ aufgestellte Gestaltungssatzung einen entscheidender Beitrag, den Stadtteil für heutige Wohn- und Lebensbedürfnisse fit zu machen, ohne seinen architektonischen und städtebaulichen Charakter aufzugeben.
Anerkennung des Landeswettbewerbs Bauen und Wohnen im Bestand
Zusammenfassung
Die in den 1920er Jahren gebaute Lohfeldsiedlung in Karlsruhe stand in den 1990er Jahren vor dem Abriss. Aus dem Widerstand dagegen formierte sich zunächst eine Bürgerinitiative, die später zu einem Verein wurde und schließlich die Siedlung als Käufergemeinschaft 2004 erwarb. Eine Gestaltungssatzung dient seither als rechtliche Grundlage der städtebaulichen Revitalisierung und Sanierung in historischer Ausprägung. Modernisierung und Neubauten wurden zudem nach energetischen Gesichtspunkten und mit nachhaltigen Baustoffen durchgeführt.
Ausgangslage und Massnahmen
1994 entstand auf Grundlage eines Ideenwettbewerbes zur Bundesgartenschau 2001 ein städtebaulicher Rahmenplan, der den Abriss der Lohfeldsiedlung und eine verdichtete und höhere Bebauung vorsah. Die Eigentümerin, die Volkswohnung GmbH, sah keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr in der Siedlung. Auf den geplanten Abriss der Siedlung hin gründete sich 2002 der gemeinnützige „Verein zum Erhalt der Lohfeldsiedlung e.V.“. Nachdem etliche Häuser in der Lohfeldsiedlung leer standen und nicht mehr weiter vermietet wurden, sammelte die Bürgergemeinschaft im Frühjahr 2001 Unterschriften für den Erhalt und die Sanierung der Siedlung. In verschiedenen Mieterversammlungen wurde ein Genossenschafts- und Sanierungskonzept erarbeitet, mit dem Ziel, die Lohfeldsiedlung zu erwerben und ihre einheitliche ursprüngliche Gestaltung in ihrer historischen, sozialen und gestalterischen Qualität zu erhalten.
Bereits Anfang 2003 war eine Gestaltungssatzung in Auftrag gegeben worden. Diese wurde in sehr intensiver Weise zusammen mit dem Verein und dem Stadtplanungsamt Karlsruhe ausgearbeitet. In dieser Satzung wurden die wesentlichen Merkmale der Siedlung, wie etwa Fassadengestaltung, Farbgebung, Freiraumgestaltung und Dachform, dezidiert festgelegt. Das ursprüngliche Erscheinungsbild sollte zwar erhalten bleiben, aber auch Raum für eine harmonische Erweiterung der Wohnfläche gewährt werden. So sind zum Beispiel moderate Dachausbauten mit Gauben oder gartenseitig eingeschossige Anbauten möglich. Jeder Käufer war Mitglied im Verein und verpflichtete sich, die „Satzung des Vereins zum Erhalt der Lohfeldsiedlung e.V. über besondere Anforderungen an die baulichen Anlagen sowie an die unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke zum Schutz der Eigenart des Ortsbildes der Lohfeldsiedlung im Stadtbezirk Karlsruhe“ einzuhalten. Drei neue Reihenhäuser wurden als Ergänzung der Siedlung realisiert.
Die Sanierungsmaßnahmen erfolgten nach zeitgemäßen energetischen und ökologischen Gesichtspunkten. Die Gebäude wurden komplett wärmegedämmt. Dies wurde durch Vollwärmeschutz, Dämmung des Dachs beziehungsweise der obersten Geschossdecke, Dämmung der Kellerdecke und Perimeterdämmung bewerkstelligt. Viele Häuser wurden, soweit bautechnisch sinnvoll, mit nachwachsenden Rohstoffen wie Zellulose, Hanf oder Holzfasern gedämmt. Sämtliche Fenster und Außentüren wurden ausgetauscht. Die Heizanlagen wurden durch Gasbrennwertkessel, Wärmepumpen, Kombikessel und thermische Solaranlagen erneuert. Das Regenwasser wird in Zisternen gespeichert und zur Gartenbewässerung und für die WC-Spülung genutzt. Eine oberflächige Regenwasserversickerung erfolgt auf den eigenen Grundstücken.
Wirkung
Mit dem Kauf der Siedlung und der über viele Jahre fortgeführten Sanierung wurde dank des bürgerschaftlichen Engagements und unter Erhalt des Charakters der Siedlung eine Anpassung an die veränderten Ansprüche heutiger Wohn- und Lebensbedürfnisse erreicht. Neben dem Erhalt der Sozialstruktur ist es auch gelungen, in Zentrumsnähe vermögensschwächeren Einkommensgruppen den Wunsch vom Eigenheim mit großzügigem Garten zu ermöglichen. Städtebaulich bildet die Lohfeldsiedlung eine willkommene Zäsur in der umgebenden, dicht bebauten gründerzeitlichen Oststadt und wirkt für diesen Stadtteil in hohem Maße identitätsstiftend.