Bauen und Wohnen im Bestand Heidelberg: Quartier Samariterhaus
Die Verlagerung eines ehemaligen Klinikstandorts stellte im Stadtteil Bergheim heterogene Bausubstanz für die Entwicklung eines Wohnstandorts zur Verfügung. Im Sinne urbaner Nachverdichtung und ausgehend vom historischen Samariterhaus konnte ein neues Wohnquartier hoher Güte verwirklicht werden, das seine ursprüngliche Struktur bewahrt und sich gut in den städtebaulichen Kontext einfügt.
Anerkennung des Landeswettbewerbs Bauen und Wohnen im Bestand
Zusammenfassung
Das innerstädtische Areal des Altklinikums wurde nach der Verlagerung der Klinikfunktionen schrittweise zur Umnutzung frei und präsentiert sich heute mit einer Mischung aus gehobenem Wohnen, Gesundheitseinrichtungen und Büros für freie Berufe und Kultur. Die unterschiedlichen Grundrisse und Wohnungstypen führen zu einer angenehmen sozialen Mischung bezüglich Haushaltsgröße und Einkommen. Mit dem Samariterhaus wurde ein geschichtlich und städtebaulich besonders gebietsprägendes Gebäude sorgsam saniert und einer neuen Nutzung zugeführt.
Ausgangslage
Der Stadtteil Bergheim entstand im 19. Jahrhundert, für Heidelberger Verhältnisse recht spät. Er ist der einzige unmittelbar an die Altstadt grenzende Stadtteil und deshalb alleiniges Stadterweiterungsgebiet Alt-Heidelbergs während der Industrialisierung. Ab den 1870er Jahren wurden auch sämtliche Kliniken aus der Altstadt nach Bergheim verlagert. Dem Leitbild „Hygiene durch Städtebau“ entsprechend wurden repräsentative Gebäude in durchgrünten, kommunikativen Außenräumen errichtet. Zum ersten Mal hatte man hier einen Klinikkomplex vollendet, der den wesentlichen klinischen Fächern eigene, selbstständige Gebäude gab.
Architekturgeschichtlich stellt das Altklinikum eine exemplarische Abfolge der zwischen 1865 und 1930 entwickelten Krankenhaus-Typen dar. Der Bogen wird von der dezentralen Pavillonanlage über die Konzentration im Geschossbau bis zur Rezeption barocker Baukonzepte in der Zeit der Weimarer Republik gespannt. In Verbindung mit der hohen wissenschaftsgeschichtlichen Bedeutung des Altklinikums folgt, dass es sich bei der Sachgesamtheit Altklinikum um ein Kulturdenkmal im Sinne von § 2 DSchG handelt.
Heute befindet sich der gesamte Stadtteil Bergheim in einem langfristigen Prozess der Konversion zu einer Mischung aus City-Funktion und urbanem Wohnen mit für Heidelberg ausgesprochen großstädtischer Prägung. Seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts werden hier sukzessive Industrie- und Bahnflächen aufgegeben. An ihrer Stelle entstanden und entstehen höchst unterschiedliche Quartierstypen in der Bandbreite zwischen und in unmittelbarer Nachbarschaft von Hauptverwaltungsbauten und Wohnquartieren in ruhigen Innenhöfen. Daneben besitzt Bergheim noch immer zahlreiche Nischen, in denen ein buntes Gemisch aus (sozialen) Netzwerken und Sozio-Kultur entstanden sind und die die besondere Attraktivität des Stadtteils mitprägen.
Durch die Verlagerung der Kliniken von Bergheim ins Neuenheimer Feld wurden nach und nach innerstädtische Flächen zur Umnutzung frei. Das Samariterhaus war das erste freiwerdende Klinikareal. Es liegt am Rande des Gesamtareals in einen gemischt genutzten Straßengeviert und bot sich deshalb besonders als "Pilotprojekt" an.
Ausblick
Die Umnutzung der ehemaligen Klinikgebäude in der Stadtmitte - der zentrale Verkehrsknotenpunkt für den öffentlichen Nahverkehr und die Haupteinkaufsstraße liegen zwei Gehminuten entfernt - machte aus einem „ausgegrenzten“ Klinikbereich ein lebendiges, gemischtes Wohnquartier mit Büro- und Gewerbeflächen. Die Geschichte des Altklinikums wurde durch die Maßnahme öffentlich gemacht und bereicherte den im Umbau befindlichen Stadtteil Bergheim um einen bedeutsamen Aspekt. Diese über den Stadtteil hinausgehende Wirksamkeit begeisterte alle am Projekt Beteiligten. Die Tatsache, dass diese Gebäude, schon einmal um 1910 im Verbund zu Kliniken und Laboren entwickelt, nun wieder im Zusammenhang verkauft wurden, ermöglichte die Gestaltung als Gesamt-Quartier.
Dies war eine wichtige Voraussetzung für die „atmosphärische Dichte“ des Quartiers. Die unterschiedlichen Bauten erhielten jedes für sich ein angepasstes Planungskonzept, in dessen Rahmen die denkmalgerechte Sanierung (im Zusammenhang mit einer energetischen Sanierung) erarbeitet wurde. Die denkmalgerechte Instandsetzung führt zu einer großen Identifikation mit der Wohnung und dem Wohnquartier - ein Umstand, der in den nachbarschaftlichen Hoffesten zum Ausdruck kommt.
Entsprechend des heterogenen Bestandes sollte ein möglichst weites Nutzerspektrum angesprochen werden. Die unterschiedlichen Wohnungsgrößen und Zuschnitte bieten Raum für Jung und Alt, Familien und Singles, Behinderte und Senioren. Um dem Geschosswohnungsbau des Bestandes zu ergänzen, wurde die neue, niedrige Hofbebauung als „Reihenhäuser“ ausgebildet: Ein Angebot, das sich speziell an Familien mit Kindern richtet. Es gibt Wohnungsgrößen von 28 bis 338 Quadratmetern. Keine gleicht dabei der anderen. Die Nutzung der bestehenden Treppenhäuser verleiht jedem Eingang einen individuellen Charakter.
Durch die Nutzung als Klinik waren zahlreiche Aufzüge bereits vorhanden, so dass die meisten Wohnungen barrierefrei erschlossen sind. Es gibt Neubauten und Altbauten mit großen Terrassen oder kleinen Balkonen: Für jede Situation wurde eine adäquate Lösung gesucht. Eine besondere Herausforderung stellte das als Einzeldenkmal geschützte Samariterhaus dar. Aufgrund der großräumigen Krankensäle entstanden loftartige Großwohnungen mit individuellen Grundrissen.
Im Vorfeld der Planungen wurden umfangreiche Untersuchungen mit dem Ziel, geothermische Gewinne aus der Nähe des Neckars zu gewinnen, durchgeführt. Durch die Möglichkeit des Anschlusses an das ökologisch wertvolle Fernwärmenetz (Primärenergiefaktor 0,4) ließen sich die hohen Investitionskosten aber nicht rechtfertigen. Die Nutzung von Solarkollektoren wurde vom Denkmalschutz ausgeschlossen. Daher wurde der Fokus auf eine sehr gute Gebäudehülle gelegt. Dies vermeidet nicht nur Wärmeverluste, sondern steigert die Behaglichkeit in den Altbauten erheblich. Zur Qualitätssicherung wurden Blower-Door-Tests durchgeführt. Da jedes Gebäude eine unterschiedliche Herangehensweise erforderte, wurde nach differenzierten Lösungen gesucht.