Staatspreis Baukultur 2024
© Martin Stollberg

Thannscher Hof in Heidelberg

Aus der Jury: Durch diese gestalterisch ambitionierte und umsichtige Sanierung wurde die historische Hofanlage zu neuem Leben erweckt […]“

Anerkennung in der Sparte Wohnungsbau

Im Ortskern von Heidelberg-Rohrbach erfolgte der Umbau eines barocken Hofkomplexes zur gemeinschaftlichen Mehrgenerationen-Wohnanlage. Die denkmalgerechte Sanierung und Umnutzung erfolgte unter der Prämisse der Beachtung von Historie und der vorgefundenen Bausubstanz. Hierzu wurden die Gebäude bis zum ursprünglichen Zustand rückgebaut und anschließend saniert und restauriert.

Das Herrenhaus mit mehreren Wohneinheiten wurde wärmegedämmt und erhielt neue Holzfenster sowie neue stehende, in barockem Stil erstellte Gauben. Das Stallgebäude beherbergt nun vier Reihenhäuser und ist ein Massivbau aus Sand- und Backstein mit Kappen- und Holzbalkendecken, welche trockengelegt, substanzerhaltend umgebaut, von innen gedämmt und mit Calciumsilikatplatten belegt wurden. Die Außenwandoberflächen wurden instandgesetzt und bei neuen Holzaußenwänden mit alten Wandverkleidungen ausgeführt. In der Remise, nun ein Doppelhaus, blieb der Sandsteinsockel erhalten und es wurde von innen mit Calciumsilikatplatten gedämmt. Die Holzbalkendecken und Außenwände wurden ab- und wieder neu aufgebaut. Die Scheune hat im Erdgeschoss ein automatisches Parksystem als Stahlbetonkubus für sechs Stellplätze, außerdem Abstellflächen und im Dachgeschoss vier kleine Wohneinheiten. Vorgärten im Innenhof sowie die südlich angrenzende Gemeindewiese stehen den Bewohnern zur Verfügung.


Jury-Bewertung: 

Der Umbau der barocken Hofanlage von 1710 zu einem generationsübergreifenden Wohnensemble stellt eine herausragende Leistung in der Bewahrung kulturellen Erbes dar. 

Beeindruckend sind die Sorgfalt und Hingabe, mit der historische Materialien und handwerkliche Techniken zum Einsatz kamen, um die Authentizität des Denkmals zu wahren. In ihrem äußeren Erscheinungsbild blieb die Hofanlage erhalten, dem Ensemble wurden keine Bauten hinzugefügt. Vor Ort vorhandene Bauteile und Materialien wurden wiedereingesetzt, in gleicher oder anderer Funktion. Das ehemalige Scheunentor wurde zur Fassade des Stallgebäudes, alte Mauer- und Pflastersteine fanden erneut Verwendung. Zudem wurden bestimmte, später hinzugefügte Veränderungen zurückgenommen, um die ursprünglichen Strukturen wiederherzustellen. Die in den denkmalgeschützten Gebäuden gelegenen Wohnungen sowie die Außenräume wurden sorgfältig so gestaltet, dass sie den Anforderungen und Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner verschiedener Generationen entsprechen. Der Einsatz eines automatischen Parksystems in der Scheune bietet eine Lösung für Mobilitätsbedürfnisse, ohne das historische Bild zu stören. Die energetische Sanierung unter Einsatz einer Brennstoffzellen-Heizung und der Nutzung von Regenwasser sorgt für eine nachhaltige und ressourcenschonende Bewirtschaftung des Ensembles und gewährleistet dessen Zukunftsfähigkeit. Durch diese gestalterisch ambitionierte und umsichtige Sanierung wurde die historische Hofanlage zu neuem Leben erweckt und stellt ein ästhetisches Wohnensemble dar, das gleichzeitig den Anforderungen des Denkmalschutzes gerecht wird.